Badbrücke und Pfahlbauten St. Peter-Ording bei Sturm (c) Martin Stock
Badbrücke und Pfahlbauten St. Peter-Ording bei Sturm (c) Martin Stock

KÜSTENSCHUTZ

© Martin Stock

Warum Küstenschutz?

Wozu betreibt der Mensch überhaupt Küstenschutz? Die Nordseeküste mit ihren Ästuaren, Wattflächen und Barriereinseln ist geprägt von den Gezeiten, Wind und Wellen. Diese fortwährend wirkenden Kräfte transportieren große Sedimentmengen und charakterisieren die Morphologie des Küstengebietes. Dadurch bestimmen sie maßgeblich den Verlauf der Küstenlinien und die Entwicklung von Wattflächen, Stränden und Dünen.

Sturmfluten, in Norddeutschland auch „Blanke Hans“ genannt, prägen als Extremereignisse ganz besonders die Küstenlandschaft. In den Siedlungsräumen der Nordsee haben solche Ereignisse immer wieder zu großflächigen Überflutungen und hohen Opferzahlen geführt. 

Ziel „Klimaanpassung“

An der Küste von St. Peter-Ording finden sich verschiedene Lebensräume: von Sandbänken und Stränden über Salzwiesen bis hin zu bemerkenswerten Küstendünen, an denen Wellen im Sturmflutfall anbranden.

Die Küstendünen in St. Peter-Ording nehmen hierbei eine besondere Stellung ein: Das Dünensystem „Maleens Knoll“ übernimmt auf einer Länge von etwa 1000 m eine Hochwasserschutzfunktion und schützt die landseitige Siedlung vor Überflutungen. Vor dem Dünenbereich Maleens Knoll liegt zusätzlich eine Vordünenkette, die sich seit den 1970er Jahren gebildet hat. Im Projekt „Sandküste“ soll das Schutzniveau der Düne „Maleens Knoll“ sowie das Zusammenwirken mit der Vordünenkette nun wissenschaftlich untersucht werden.

Zukünftige Herausforderungen durch den Meeresspiegelanstieg

Die deutschlandweit einzigartige Dünenlandschaft ist mit mehreren Herausforderungen konfrontiert. Der steigende Meeresspiegel hat weitreichende Folgen – neben höheren Wasserständen führt die größere Wassertiefe dazu, dass Wellen später brechen, ihre Energie bis an die Küstenlinie herangetragen wird. Dadurch werden die Küstenschutzbauwerke und, wie im Fall von St. Peter-Ording, die Dünen stärker beansprucht, wodurch diese zunehmend erodieren können. Eine zusätzliche Herausforderung: Die räumlichen Anpassungsmöglichkeiten landseitig sind, wie im Fall von St. Peter-Ording, auf Grund von Siedlungsbau häufig einschränkt.

Lösungen für die Zukunft

Mit welchen Lösungsansätzen kann es in Zukunft gelingen, die Hochwasserschutzfunktion eines natürlichen Dünensystems an die wachsenden Anforderungen durch den Klimawandel und insbesondere den Meeresspiegelanstieg anzupassen? Dieser zentralen Fragestellung wird wissenschaftlich nachgegangen, da Eingriffe zugunsten des Küstenschutzes stets mit dem Naturschutz in Einklang zu bringen sind.

Dementsprechend liegt der zukünftige Fokus auf der Konzipierung von ökosystembasierten Küstenschutzmaßnahmen, die in der Lage sind, die Biodiversität in den wertvollen Ökosystemen nachhaltig zu schützen. 

© Martin Stock
© Björn Mehrtens

Physikalisches Versuchswesen

Um sowohl Menschen als auch Infrastrukturen vor künftigen Sturmfluten ausreichend zu schützen, ist es essenziell, das Schutzpotenzial vorhandener Küstenstrukturen zu beurteilen, um Verbesserungsmaßnahmen planen und umsetzen zu können. Dazu bedarf es einer verlässlichen Risikoanalyse, in der die potenzielle Versagenswahrscheinlichkeit der Struktur mithilfe eines Simulationsprogrammes statistisch prognostiziert wird. Solche numerischen Computermodelle stützen sich in der Regel auf wissenschaftliche Erkenntnisse, die in vorangegangenen Feld- und Laborversuchen erworben werden. Auf diese Weise wird im Rahmen des Projektes „Sandküste“ nun eine Risikoanalyse für das Dünensystem „Maleens Knoll“ erstellt.

Experimentelle Versuche im Wellenkanal

Experimentelle Versuchseinrichtungen, z. B. im Wellenkanal, nehmen eine wichtige Rolle ein, wenn es darum geht, komplexe physikalische Prozesse möglichst großskalig und unter kontrollierbaren Randbedingungen nachzubilden. Ein langer Wellenkanal, in dem natürliche Welleneigenschaften künstlich generiert werden können, dient beispielsweise dazu, ein Bauwerk oder (wie im Fall von St. Peter-Ording) eine Düne verschiedenen Wellen- und Strömungsbelastungen auszusetzen. 

© Björn Mehrtens

Nachbau der Düne Maleens Knoll für Belastungstests

Um das Schutzniveau der Düne Maleens Knoll in St. Peter-Ording zu untersuchen, wird die Düne zunächst als Modell im Kanal nachgebildet und anschließend unter den Wasserstands- und Wellencharakteristika getestet, die eine Sturmflut maßgeblich kennzeichnen. Mithilfe zahlreicher Messtechniken kann an der Düne erfasst werden, welche morphologischen Veränderungen durch die Interaktion mit den angreifenden Wellen auftreten. So kann ermittelt werden, unter welchen Belastungen bestimmte Erosionsprozesse oder auch ein vollständiges Versagen der Düne zu erwarten sind.

Küstendünen stärken

Zukünftige Küstenschutzmaßnahmen sollten möglichst geringe Auswirkungen auf die Naturwerte haben. Daher soll ein ökosystembasiertes Küstenschutzkonzept erarbeitet werden, das Vorschläge für eine gezielte Verstärkung der Dünenkette mit natürlichen, naturnahen oder möglichst weichen Maßnahmen enthält.  

Eine mögliche Herangehensweise besteht darin, die Widerstandsfähigkeit der sandigen Dünenoberfläche gegen Erosionsprozesse zu verstärken. Dazu kann eine dichte Bepflanzung in belasteten Bereichen mit einer standorttypischen Vegetation beitragen, da diese die Sandakkumulation an der Oberfläche fördert und die Düne dadurch stabilisiert. Darüber hinaus tragen Pflanzen und deren Wurzelsysteme während einer Sturmflut dazu bei, die Energie angreifender Wellen zu verteilen.

Ein weiterer möglicher Ansatz stellt die Installation eines Hybridsystems dar. Dabei würde der bestehende Dünenkern mit einer zusätzlichen Einbaumaßnahme (z. B. verschiedenen natürlichen/synthetischen geotextilen Materialien) kombiniert werden, um die Resistenz der Düne gegen Erosion zu verstärken. Die eingebrachten Maßnahmen würden anschließend mit Sand bedeckt werden, um das ursprüngliche Landschaftsbild nachzubilden und die offene Dünenlandschaft zu erhalten.  

Durchführender Projektpartner & Ansprechpartner

Technische Universität Braunschweig, Leichtweiß-Institut für Wasserbau
Prof. Dr.-Ing. habil. Nils Goseberg, Dr.-Ing. David Schürenkamp, Dr. Oliver Lojek & Björn Mehrtens, M.Sc.

Kontakt

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